geb. 1974 in Mittelberg/Österreich
1998 – 2004 Modestudium Hochschule für Künste Bremen / Diplom
Susanne Katharina Willands Thema sind die bildnerischen Möglichkeiten, die textile Materialien und Techniken haben. Sticken ist eine historisch traditionelle weibliche Tätigkeit zur Bearbeitung von Flächen und kann sehr meditativ sein. Früher wurden die Frauen oft mit Stickarbeiten zuhause beschäftigt und damit gewissermaßen in eine zeitlose Gegenwart eingeschlossen.
Das Hochhaus ist eine gestickte Collage von Teilen mehrerer Hochhäuser im brutalistischen Stil., die Susanne Katharina Willand fotografiert hat. Als Hintergrund aufgezogen ist eine relativ dichte helle Baumwolle, gearbeitet wurde mit schwarzer Stickwolle. Die Vorderseite der Arbeit bleibt unsichtbar. Auf der Rückseite zeigt sich der Fadenverlauf wie Fährten oder Pfade, dieser etwas wilde und spannungsreiche Eindruck wird noch unterstützt durch zahlreiche herabhängende Fäden.
Fasziniert hat Susanne Katharina Willand der Spannungsbogen zwischen der groben Architektur und dem Textilen, Feinen, Stofflichen. Sie hat mit diesem bislang größtem Format einer Stickarbeit im Lockdown zuhause angefangen, weil sie wusste, dass sie vielleicht nicht im Atelier arbeiten kann. Denn es gab keine eigene Verfügung über Zeit und Selbst mehr.
wear and tear
Susanne Katharina Willand hat aus dem Familienbestand eine große Zahl alter Tischwäsche geerbt. Tausendmal benutzt, gestopft, mit Flecken oder noch so gut wie neu. Und aufgeladen mit den Familiengeschichten. Auf eine Damastserviette, die im Laufe der Jahre viele Male benutzt, beschmutzt und wieder gereinigt, gebügelt und gefaltet wurde, hat die Künstlerin in feiner Handarbeit Knitterspuren eingestickt. Aus der Entfernung betrachtet könnte man an eine abstrakte Fotografie denken, aus der Nähe erkennt man die Stoffstruktur und die einzelnen Kreuzstiche, die jetzt wie Pixel wirken. Die Motive aus der Kreuzstichstickerei setzen sich aus einer quadratischen Fläche zusammen, wie auch das digitale Bild. Eine transformierte Erinnerung zwischen Figuration und Abstraktion an die bürgerliche Alltagskultur, an die unzähligen Stunden, die mit Hausarbeit verbracht wurden und werden.
Text: Matina Lohmüller
Fotos: Jens Weyers